Allgemein,  Theologie

"…niemand kann sie aus meiner Hand reissen."

Viele Gläubige stellen sich die Frage, ob sie sich ihres Heils tatsächlich gewiss sein können, oder ob sie, durch verschiedene Lebensumstände verursacht, vom Glauben abfallen können. Fast jeder kennt „abgefallene Christen“. Verschiedene Aussagen (1Tim 4,1; 2. Thess2,3; Hebr3,12; Hebr10,19ff, Off2,1ff; Off3,14ff) in der Schrift werden zuweilen dahingehend verstanden. Besteht diese Befürchtung zurecht, oder kann man auf die Verheissungen Gottes vertrauen? Bei dem Versuch der Beantwortung essentieller, geistlicher Fragen – wie es die Frage nach der „Heilsgewissheit“ eindeutig ist – trägt jedoch eine isolierte Betrachtung einzelner Textfragmente selten zu einer wirklichen Klärung bei. Zumal dann, wenn diese Thematik nicht im Mittelpunkt des Textes steht.

Fest steht, das bei der Frage nach der Heilsgewissheit kein „dazwischen“, keine dritte Möglichkeit (tertium non datur) existiert.

Grundlegende, klare Aussagen über den Bestand (bzw. Gewissheit) des Heils trifft z.B. Paulus im Römerbrief Kapitel 8, und schließt nach einer umfassenden Argumentation mit der Feststellung: „nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes“!

Ebenso Christus selbst, der im Johannesevangelium Kapitel 10 über die Erlösung spricht und unzweideutig feststellt: „niemand kann sie aus meiner Hand reissen.“

Eindeutigkeit und Unmissverständlichkeit dieser Verheißungen können und dürfen nicht ignoriert werden, woraus folgt, das sich scheinbar widersprechende Aussagen genauer betrachtet bzw. offensichtlich anders verstanden werden müssen.

Wenn Christus in Johannes 10 absolut feststellt, das Er den Schafen das ewige Leben gibt und diese nimmermehr umkommen, niemand diese aus Seiner Hand reissen wird, schließt diese absolute Aussage auch das Schaf mit ein. Wenn Paulus in Römer 8 final feststellt, das keine Kreatur uns von der Liebe Gottes scheiden kann, schließt dies alle Kreaturen – einschließlich den Gläubigen selbst – ein und keine aus.

Die konkreten und expliziten Aussagen in Joh 10 und Röm 8, bilden lediglich den jeweiligen Höhepunkt einer explizit das Heil betreffenden Argumentation bei der in Röm 8 beispielsweise festgestellt wird, das die, welche ausersehen und vorherbestimmt, dem Sohne auch gleichgestaltet werden. Eine Aussage, die einen Zeitraum vor Grundlegung der Welt bis zur Auferstehung der Toten umfaßt.

Auch in Joh10 wird deutlich: Auschließlich der, der zu Seinen Schafen gehört (Erwählung), erkennt dadurch überhaupt erst die Stimme (Glaube durch Verkündigung) des Hirten, wird durch diesen erkannt (Rechtfertigung durch Glauben) folgt Ihm (Buße, Heiligung etc.), erhält ewiges Leben, wird nie mehr sterben (Verherrlichung) und niemand kann sie aus der Hand Jesu bzw. sogar des Vaters, der größer ist reißen.

Die vermittelte Unumkehrbarkeit wird überdeutlich und durch Steigerungen betont. Ewiges Leben wird unmittelbar gegeben. Ewig bedeutet ohne Ende. Dennoch bekräftigt Christus dies noch und sagt nochmals: Sterben unmöglich! Der Sohn Gottes garantiert, daß niemand daran etwas ändern kann, weil niemand an Ihm vorbeikommt und selbst wenn, der Vater selbst uns festhält.

„Niemand“ steht im Zusammenhang dieser Argunentation als Kontrapunkt zu Gott selbst.

„Diejenigen, welche Gott in seinem Geliebten angenommen hat und die durch seinen Geist wirksam berufen und geheiligt sind, können weder völlig noch endgültig aus dem Stand der Gnade fallen; vielmehr werden sie mit Sicherheit darin beharren und auf ewig gerettet werden.“ (Westminster Bekenntnis 17,1)

Wenn also – isoliert grammatikalisch betrachtet – dieser Teilsatz eine vage Möglichkeit andeutet, ein Schaf könne sich selber losreissen, macht der Zusammenhang dies unmöglich.

Wenn man sich der Mühe unterzieht, das Johannesevangelium unter der Fragestellung der Heilssicherheit zu lesen, springt einem fast auf jeder Seite ins Auge, daß, wer beispielsweise das Brot des Lebens ißt, niemals mehr hungert oder dürstet, sondern in Ewigkeit leben wird. Wer zu Ihm kommt, nicht nur keinesfalls hinausgestoßen, sondern auch niemand aus Christi Hand verloren gehen wird. Dies gilt jenen, die Ihm der Vater gegeben hat (Joh6) und es der Wille des Vaters ist.

Christus sagt, wer sein Fleisch isst und Sein Blut trinkt, bleibt in Ihm und Er in Ihm, lebt in Ewigkeit und wird am Jüngsten Tag auferstehen (Joh6). Jene, die glauben sind nicht von sich aus zu Christus gekommen, sondern, weil es ihnen vom Vater so gegeben wurde (Joh6) und sie wurden teuer bezahlt, „losgekauft“, gehörten vorher einem anderen Herrn, standen unter einer anderen Herrschaft.

Heute gehören wir Christus! Solange wie uns Christus nun nicht wiederum unter die Sünde verkauft, bleiben wir „in Ihm“. Wenn wir vorher geistlich tot waren, in unseren Sünden, hat uns Christus durch Seinen stellvertretenden Tod erkauft, dem endgültigen geistlichen Tod den Stachel genommen. Nun aber, durch das Blut Jesu sind wir frei, sind auferstanden, wiedergeboren und haben ewiges geistliches Leben.

Diese neue, zweite Natur ist übernatürlicher Art und unabhängig von meiner alten, natürlich-adamitischen Natur und darüber hinaus unserem Zugriff völlig entzogen.

sdg
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