Allgemein,  Theologie

Predigt ohne Tat, eine Irrlehre?

Der Ehrenpräsident des evangelikalen Micha-Netzwerks, René Padilla (Buenos Aires/Argentinien), bezeichnete auf dem derzeit in Schwäbisch Gmünd stattfindenden Armutskongress, „Teilen ist Leben„, die schlichte Predigt von der Liebe Gottes, ohne diese praktisch zu zeigen als „Irrlehre„.

Veranstalter der vom 3. bis 5. September dauernden Tagung sind das dortige Christliche Gästezentrum „Schönblick“, das Kinderhilfswerk Compassion (Marburg), die Micha-Initiative der Deutschen Evangelischen Allianz (Bad Blankenburg/Thüringen), die Gemeindebewegung Willow Creek (Gießen) sowie rund 30 weitere Kooperationspartner.

Auch der  Missionswissenschaftler Prof. Johannes Reimer (Bergneustadt bei Köln) wandte sich gegen eine, sich ihm so darstellende „Verkürzung des missionarischen Auftrags auf das Predigen des Evangeliums„. Es sei vielmehr Auftrag der christlichen Gemeinden, sich für eine ökonomische, soziale und religiöse Erneuerung der Gesellschaft einzusetzen.

Prof. J. Reimer erklärte lt. Idea (hier) vor ca. 400 Teilnehmer , der Auftrag, den Jesus Christus seinen Nachfolgern gegeben habe, sei umfassender, als es viele Christen wahrhaben wollten. Maßgeblich seien prophetische Aussagen des Alten Testamentes über das „Gnadenjahr“, in dem alle 50 Jahre eine gesellschaftliche „Rundum-Erneuerung“ in Israel geschehen sollte. „Israel sollte zeigen, dass Gottes Vorstellungen von einer gerechten Welt praktikabel sind“, so Reimer. Allerdings gebe es keine Berichte, dass das „Gnadenjahr“ tatsächlich durchgeführt wurde. Dennoch habe Jesus Christus sein Wirken als Herstellung des „Gnadenjahres“ verstanden und seine Jünger beauftragt, sich ebenfalls dafür zu engagieren. „Christen sollen so missionieren, wie Jesus es tat“, erklärte Reimer. Gemeinden, die politisch und diakonisch tätig sind, könnten eine Bestätigung dafür sein, dass die Ausrichtung an Gottes Wort zu besseren gesellschaftlichen Verhältnissen führe.

Der Begriff „Mission“ (lat. missio = Sendung) betont nach meinem Verständnis zunächst einmal grundsätzlich die Sendung als solche, der Begriff „Evangelisation“ (griech. eu-angelion = gute Nachricht) den Inhalt, die Botschaft. Calvin verbandt damit konkret die Sammlung der Erwählten unter der Herrschaft Christi. Und das allgenügsame Mittel Gottes dazu, ist die Verkündigung des Wortes Gottes.

Ich bestreite demnach die biblische Begründbarkeit  der Behauptung Prof. J Reimers, Christus bzw. die Apostel hätten in der von ihm dargestellten Weise „missioniert„.

Zum Missionsauftrag gehört neben der Verkündigung des Evangeliums sehr wohl auch das Taufen (Matth28,19;Mk16,15,16), aber nach biblischen Kriterien  kein soziales Engagement. Ein solches gehört – ohne Zweifel als natürliche Folge – zu einem erweckten Lebens, aber nicht zur Mission, dem Auftrag den Menschen zuzurufen:

Laßt Euch versöhnen mit Gott (2Kor 5,20)

Zwar wird mit einer praktischen Handlungsweise – Evangeliumsverkündigung gekoppelt mit sozialem Engagement (kerygma/diakonia) das Evangelium nicht verändert, dies geschieht jedoch sehr wohl dann, wenn eine solche Meinung – wie hier – explizit als Dogma/Lehrsatz vertreten wird bzw. Predigt ohne die umfassende, sprich als “nicht umfassend genug”, oder sogar als “Irrlehre” etc. bezeichnet wird.

Es stellen sich in diesem Zusammenhang mehr Fragen. Was ist Glaube, wie entsteht Glaube, welches Mittel benutzt Gott um Glauben zu wirken? Ist es das menschliche Wirken, Freundschaften, soziales Engagement? Entspricht das dem Auftrag Christi?

Man mag mich gerne korrigieren, aber ich entnehme dem Wort Gottes anderes. Die allgenügsame Kraft des verkündigten Wortes reicht aus. (1Kor1,18ff; Röm10,17 etc.).

Als ich aber nach Troas kam, zu predigen das Evangelium Christi, und mir eine Tür aufgetan war in dem Herrn, 13 da hatte ich keine Ruhe in meinem Geist, weil ich Titus, meinen Bruder, nicht fand; sondern ich nahm Abschied von ihnen und fuhr nach Mazedonien. 14 Gott aber sei gedankt, der uns allezeit Sieg gibt in Christus und offenbart den Wohlgeruch seiner Erkenntnis durch uns an allen Orten! 15 Denn wir sind für Gott ein Wohlgeruch Christi unter denen, die gerettet werden, und unter denen, die verloren werden: 16 diesen ein Geruch des Todes zum Tode, jenen aber ein Geruch des Lebens zum Leben. Wer aber ist dazu tüchtig? 17 Wir sind ja nicht wie die vielen, die mit dem Wort Gottes Geschäfte machen; sondern wie man aus Lauterkeit und aus Gott reden muss, so reden wir vor Gott in Christus. 2Kor2:12

Diakonie und Koinonia (Dienst und Gemeinschaft) waren und sind biblisch betrachtet, Zeichen der Liebe innerhalb der Gemeinde (Joh 13,35;Apg2,41-47 etc.), aber keinesfalls Mittel der Mission.

(Joh 13,17)

Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. Joh13:35

Die explizite Verpflichtung der Liebe untereinander und Verantwortung füreinander, existiert schriftgemäß für Kinder Gottes untereinander. Natürlich sollen  Kinder Gottes, so an jedem Menschen handeln, wie es der Vater im Himmel tut (Matth5:43-48), aber nicht als Aspekt der Mission.

Der Mensch kann durch noch soviel praktischer Liebe nichts zum Wort Gottes dazu tun. Es ist allein Gott der den Menschen erwählt, zu sich zieht, Sündenerkenntnis schenkt, zur Umkehr leitet, Glauben wirkt und rettet.

sdg

apologet

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27 Kommentare

  • christozentrisch

    Ich respektiere Humanisten wie Padilla und Reimer sehr. Ihr theologisches Problem ist jedoch, dass sie Gesetz und Evangelium durcheinander bringen. In anderen Worten, sie versuchen mit den 10 Geboten oder mit der Bergpredigt zu evangelisieren. Das meint Johannes Reimer sehr wohl, wenn er sagt: „Israel (er denkt bestimmt auch an die Gemeinde Jesu) sollte zeigen, dass Gottes Vorstellungen von einer gerechten Welt praktikabel sind.“ Christen sollen Liebe zeigen, weil es ihrem neuen Charakter entspricht, aber diese Liebe ist kein Teil der Guten Botschaft selbst.

  • apologet

    Hallo Jean-Louis,
    in dieser Theologie, steht der Mensch mit seinen Bedürfnissen, „ökonomische, soziale und religiöse Erneuerung der Gesellschaft“ im Mittelpunkt. Klar, Gott und sogar der Christus werden durchaus – beiläufig – erwähnt, spielen jedoch nur als Nebenfiguren eine Rolle, als Erfüllungsgehilfen für eine gerechtere, friedvollere Welt.

    Einer Welt, welcher dieser diesseitigen Philosophie folgend nur Veränderung, keine Erlösung und somit auch keinen Erlöser braucht. Christus sagt jedoch:

    “Mein Reich ist nicht von dieser Welt” und im Kontext des Redenmotto’s: “Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.” Joh14:27

    Eine solche Theologie hat jedoch mit dem biblischen Evangelium keine Berührungspunkte. Denn das eigentliche Problem ist nicht die leibliche Armut und soziale Ungerechtigkeit, sondern die Nichtanerkenntnis der geistliche Armut und vermeintliche Gerechtigkeit des Menschen.

    Und, man geht weiterhin davon aus, daß das Wort Gottes nicht ausreicht und der Mensch das Evangelium ergänzen muß.
    sdg
    Andreas

  • Gerhard

    Lieber Apologet. Deine Argumantation kann ich absolut nicht nachvollziehen. In der Bibel finden wir nicht die von Dir proklamierte Trennung von Wort und Tat. Der Glaube erstreckt sich nicht in Worten, sondern muss sich auch in der veränderten Lebensweise (Hinwedung zu den Armen, wie Jesus es Tat) erweisen. Unter anderem macht es Matth 25 sehr deutlich. In Jesus wurde das Wort Fleisch, erlebbar, sichtbar und anfassbar (1 Joh). Jesus hat seinen eigenen Dienst in Lukas 4 programmatisch als „Gute Nachricht für die Armen“ bezeichnet und das mit dem Jubeljahr verbunden. Eine spiritualisierende Auslegung wird dem Text und der Botschaft Jesu nicht gerecht, auch wenn es einfacher wäre, weil wir dann die Armen sich selbst überlassen könnten. Nichts steht der biblischen Botschaft und Jesu Mission ferner als das. Noch einen kurzen Literatur hinweis: Christopher Wright in „The Mission of God: Unlocking the Bible’s Grand Narrative. Hier werden viele Deiner Bedenken exegetisch erläutert und in einem Zusammenhang zur Mission Jesu gestellt. (Aber Vorsicht, es könnte deine Theologie verändern!)

  • apologet

    Hallo Gerhard,
    einer strikten „Trennung von Wort und Tat“ rede ich keinesfalls das Wort, allerdings bestreite ich die behauptete Abhängigkeit des Wortes von der Tat. Insbesondere im Kontext der Mission.

    Weder „Zeichen und Wunder“ wie die Charismatik es proklamiert, noch eine spezifische „Hinwendung zu den Armen“ tut als Ergänzung zur schlichten Verkündigung (1Kor1:18ff) Not.

    Da ich es auch nicht so mit der pietistischen Frömmigkeit habe, folge ich theologisch auch nicht Deiner Forderung nach der Notwendigkeit einer „veränderten Lebensweise (Hinwedung zu den Armen, wie Jesus es Tat)“, als Erweis des Glaubens nicht.

    Ohne Zweifel ist ein Glaube ohne Werke tot (Jak2:20ff), allerdings würde mich die exegetische Beweisführung interessieren, die dies auf Armutsbekämpfung in Anwendung bringt.

    Wie bereits zuvor ausdrücklich betont, bestreite ich nicht, das Christen gefordert sind, alle Menschen zu „lieben“ wie der Vater „liebt“ (Mt:5), wobei es hier um die praktische Seite der Liebe, der Haltung gegenüber jedermann geht und soziales Engagement durchaus miteingeschloßen ist, aber eine Argumentation, dies wäre Teil des Evangeliums, also der Heilsbotschaft, findet sich so nicht in der Schrift wieder.

    Und die Aussage, „Wort ohne Tat“ sei „Irrlehre“ (René Padilla) nicht nur starker Tobak, sondern entspricht selbst dieser Behauptung.

    Bezüglich Luk4 wäre erstens zu fragen um welche „Armut“ es sich handelt (ich meine es geht um die geistliche Armut s. Mt5:3) und zweitens von welchem „Evangelium“ Christus spricht (ich meine keinesfalls einem sozialpolitischem…).

    Man mag ja vor einer – so wahrgenommenen – spiritualisierten Enge warnen, aber dabei die eschatologische Tragweite des Erscheinens Christi und des Evangeliums so völlig aus dem Blick zu verlieren, erscheint mir doch sehr sozialromantisch und radikal…

    „Mission“ (Sendung) hat genau eine Aufgabe, nämlich das zerstörte Gottesverhältnis des Menschen zu thematisieren und den Menschen durch die Verkündigung des Evangeliums zur Versöhnung zu rufen (2Kor2:12ff).

    Das die Liebe Gottes im Leben von versöhnten Menschen auch praktische Folgen u.a. Mitleid und Erbarmen für die Armen nach sich ziehen muß, ist nicht zu bestreiten, steht aber auf einem anderen Blatt.
    LG
    Andreas

  • Gerhard

    Leider habe ich nicht die Zeit, obwohl es mich reizt, auf Deine Einwendung einzugehen. Wie gesagt kann Dir das erwähnte Buch von Christopher Wright weiterhelfen. Ich persönlich kann mit Deinem engen Missionsverständnis als Wortverkündigung wenig anfangen. Es entspricht einer platonischen Entzweiung und Dichotomie von Wort und Tat, Geist und Materie usw. die aus der greichischen Philosophie stammt und nicht der Schrift. Dazu hat u.a. auch Paul Hiebert was geschrieben, was sich zu lesen lohnt, u.a. in Anthropological Reflections on missiological issues.
    Aber ich finde es gut, das Du bei der Konferenz herausgefordert wurdest. Deswegen bist Du auch sicher dort hin gegangen.

  • christozentrisch

    Das Konzept von „Ganzheitlichen Mission“ klingt zwar verlockend aber diese Idee führt zu einer subtilen Verdünnung des Evangeliums und letzten Endes zu einer Verdrehung desselben. Sie beruht auf einer falschen theologischen Grundlage. Es ist, salopp ausgedrückt, ein „täuferisches Evangelium“, ein Menschenwerk, eng verwandt mit dem christlichen Rekonstruktionismus, welches die Folgen des Sündenfalls „hier und jetzt“ wenden möchte.

    Gerhard möchte ich sagen: es geht überhaupt nicht darum, Leib und Seele zu trennen, wenn man das Evangelium als „reine Verkündigung“ versteht, sondern zwischen jetziger Welt und kommendem Äon zu unterscheiden. Dass sogar namhafte Theologen wie Chris Wright (oder John Stott) in diese „naive Vorstellung“ geraten sind, ist bedauerlich. Zu der Lausanner Bewegung (die dieses Konzept befürwortet) haben sich symptomatisch auch Kirchen angeschlossen, die kein biblisches sondern ein rein soziales Evangelium vertreten.

    Klar sollten Christen nicht tatenlos zusehen und Barmherzigkeit üben, da wo sie können. Es spricht auch nichts dagegen, dass Gemeinden sich sozial engagieren. Die entscheidende Frage bleibt jedoch: Was ist das Evangelium? Verspricht sich Gott auch dadurch die Abschaffung der Armut, eine Erneuerung der Natur, Gerechtigkeit auf Erde? Nein, diese Dinge gehören der neuen Erde, wenn das Böse endgültig vernichtet ist!

    Auch die Auslegung des alttestamentlichen Erlassjahr scheint mir bei den Befürwortern des „holistischen Evangelium“ nicht biblisch zu sein. Jesus hatte, als er das „Erlassjahr“ verkündet hat, eine eschatologische Realität im Auge, die sich fortschreitend erfüllen sollte, zunächst geistlich; er dachte an keine sichtbare Gottes Herrschaft wie im Alten Bund. Die Geschichte hat gezeigt, dass Israel diesen Bund immer wieder gebrochen hat. Nach der Brotvermehrung, als die Juden ihn zum König machen wollten, warum hat er dann ihr Angebot abgelehnt? Wurde seine Absicht nicht missverstanden?

    Das Reich Jesu ist definitiv nicht von dieser Welt und die Herrschaft der Kirche ist geistlich (siehe Augustinus).

  • Gerhard

    Eine Interessante These. Was gehört ebenfalls dem neuen Äon an? Dem neuen Äon gehört auch an, dass wir frei von Sünden sein werden. Würdest Du dann schlussfolgern, dass wir dann weiter sündigen dürfen und darauf warten sollten bis wir dann im neuen Äon sind, oder heißt uns Jesus, dass wir nicht schon jetzt verändert werden sollten, – wohl wissend, dass wir nicht Sündenlos leben werden, bis der neue Äon schon vollendet ist.
    Das ist das gleiche Argumentation auch mit der Armut. Weil Gott Ungerechtigkeit hasst und uns gebietet nach Gerechtigkeit un Barmherzigkeit zu streben, sollten wir mit der Kraft des heiligen Geistes, Armut und Ungerechtigkeit nicht dulden, sondern das Evangelium als eine gute Nachricht für die Armen predigen und leben. Sicher werden wir Armut (so wie die Sünde) nicht vollständig abschaffen können, bis das Reich Gottes in voller Größe kommt, aber wir sind dazu gerufen als Diener dieses Reiches die Reichattribute von Gerechtigkeit zu streben. (trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit). Das die Armut auch eine geistliche Dimension hat, ist klar, aber in Lukas 4 wird eindeutig die materielle Armut angesprochen (ergibt sich klar aus dem Kontext, was sich in jeder ernstzunehmenden Studie über den Text finden läßt).
    Die Bemerkung dass, Stott, Wright und die Lausanner Bewegung vom Weg abgekommen ist, ist leider zu billig. Aber vielleicht hilft der Kardinal Meissner aus Köln, der sagt dass „Liturgie ohne Diakonie ist Götzendienst“. Aber er ist ja auch Katholik, und was kann aus Rom schon gutes kommen. Will nur sagen, dass eine ganzheitliche Schau des Evangeliums nicht eine Idee von einigen wenigen Querdenkern ist, sondern auch in unterschiedlichen Lagern mit ihren eigenen Traditionen und Überzeugungen als biblisch richtig erkannt wird.
    Lieben Gruß, Gerhard

  • christozentrisch

    Ich wollte keineswegs Wright oder Stott schlecht machen. Ich habe gerade ein anderes Buch von Christopher Wright zu diesem Thema gelesen: „Living as the people of God“. Wright macht eine wirklich gute Analyse der alttestamentlichen Ethik, sieht auch dass diese Prinzipien ihre Erfüllung in der neutestamentlichen Gesellschaft (in der Gemeinde) und letztendlich auf der neuen Erde haben, aber immer wieder will er die Gemeinde dazu bewegen, diese Grundsätze auf die ganze Gesellschaft anzuwenden (allerdings unter dem Deckmantel der Vorsehung Gottes). Erst am Ende des Buches, gibt er zu, dass nur das Kreuz den Weg bereiten kann.

  • christozentrisch

    Sorry Gerhard, ich hatte dein letztes Kommentar nicht gesehen. Nur ein letztes Wort zu deinem Vergleich: natürlich soll der Christ schon jetzt gegen die Sünde kämpfen. Aber was ich und Andreas (Apologet) versuchen zu sagen ist, dass der Kampf gegen die Armut (oder sogar die Heiligung) nichts mit dem Evangelium zu tun haben. Das Evangelium ist folgende NACHRICHT: der Mensch ist verloren; Jesus Christus ist gekommen, um Sünder zu retten; lasst euch mit Gott versöhnen. Punkt!

  • apologet

    Hallo Gerhard,
    wie Jean-Louis nochmals anführt und ich bereits betont habe, geht es nicht um eine dichotomische Trennung von „Wort und Tat“ respektive „Geist und Materie„, sondern um eine Unterscheidung dessen, welche Qualität das Reich Gottes aktuell besitzt. Die Juden zur Zeit Christi hatten genau diese Erwartung eines gegenwärtigen, irdischen Reiches, wie sie auf der Konferenz bzw. von Dir vertreten wird.

    Du fragst, ob wir in diesem Äon weiter sündigen dürfen. Das ist natürlich Quatsch (Röm 6,15). Aber der Gläubige bleibt, trotzdem er gerechtfertigt ist, weiterhin Sünder (simul iustus et peccator). Sünde als Macht und Möglichkeit zur individuellen Handlung (peccatum actuale) existiert auch für Gläubige weiter, aber der Anspruch ihrer Herrschaft und die Zwangsläufigkeit ihrer Sklaverei sind im Reich des Auferstandenen (sanftes Joch, Jochwechsel) aufgehoben. Unserer Stellung nach sind wir gerecht, wenn Gott uns ansieht, sieht Er Christus. Durch die Erlösung in Christus haben die Glaubenden im Reich Gottes bereits „die Freiheit und das Vermögen, nicht zu sündigen” (posse non peccare).

    So verhält es sich mit dem Reich Gottes. Dieses existiert seit 2000 Jahren in mitten aller Ungerechtigkeit, ist es unter uns. Nicht so, daß man es anhand größerer Gerechtigkeit, oder weniger Armut erkennen könnte (Lk17), aber präsent in Seiner Kirche und den Gläubigen.

    Die Meinung, man könne die kommende Herrlichkeit, in welcher das Reich Gottes vollständig und sichtbar offenbar (Röm8) sein wird, durch politische Maßnahmen vorwegnehmen zu können, bedeutet letztlich ein anderes Reich zu bauen bzw. den eschatologischen Vorbehalt der Schrift nicht wahrzunehmen oder anzuerkennen.
    LG
    Andreas

  • Gerhard

    Also, ich weiß gar nicht warum man mir und anderen vorwirft das Reich Gottes selber erstellen zu können, bzw. vorwegzunehmen. Das habe ich niemals gesagt, oder nur angedeutet. Das ist der Schwachpunkt, eurer Argumentation, dass jeglicher Einsatz für Gerechtigkeit als Bildung eines Reiches aus eigener Kraft gemünzt wird. Das wird man in keinster Weise in Padillas, Faix, Reimer und anderen finden. Wir sprechen von Gerechtigkeit, weil dieser Aspekt in Evangelikalen Kreisen nicht der biblischen Anforderung entspricht und zu allem übel es theologisch abwertet. Es gibt hunderte Bibelstellen (nehmt mal eure Konkordanz), die darauf hinweisen, dass Gott von uns erwartet für Gerechtigkeit einzutreten. Genau darum geht es mir hier in der Diskussion, nicht darum, dass man nicht verkünden sollte. Die Verkündigung ist wichtig und notwendig, aber ohne die Tat des Evangeliums und das Trachten nach der Gerechtigkeit ist sie einseitig. Also wer sagt das das Trachten nach Gerechtigkeit nichts mit dem Evangelium zu tun hat, hat wohl noch nie die Bibel gelesen. Die ist zumindest voll davon. Dafür gibt es eine Bibel im Englischen, die besonders diese Bibelstellen markiert, damit man sie nicht evangelikal ausblendet. Weiß leider nicht wie sie heißt und wo man sie findet, aber dafür haben wir Google.
    Nochmal zu Wright: Kreuz und der ganzheitliche Aspekt des Evangeliums sind nach Wright keine Gegensätze. Lies mal John Howard Yoder „The politics of Jesus“ wo er genau aufzeigt, warum das Kreuz so wichtig dafür ist.
    Gruß, Gerhard

  • christozentrisch

    Gerhard,
    die Gerechtigkeit des Evangeliums ist eine Gerechtigkeit durch den Glauben (Römer 3,22). John Yoder steht als Mennonit in der Tradition der Täufer, die denken, dass das Reich Gottes unbedingt „materialisiert“ werden muss.
    Wir sollen akzeptieren, dass unser Bemühen für mehr Gerechtigkeit auf Erde dem Bereich der „gratia communis“ oder der Vorsehung Gottes zuzuordnen ist (Apostelgeschichte 17,25) und nicht der „besonderen“ Gnade, welche durch die Gute Nachricht „verkündigt“ wird.
    Paulus lädt zum Beispiel dazu ein: „dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ Und wir dürfen nicht nur beten, sondern auch handeln !!!
    Also das Evangelium profitiert doch von diesem günstigen „Rahmen“. Kannst du jetzt etwas damit anfangen?
    Gruß, Jean-Louis

  • johannes

    Ich gebe zu Beginn zu, dass ich noch nicht alle Kommentare gelesen habe. ich möchte nur kurz Informationen zu Reimer geben.
    Im Rahmen einer Hausarbeit, habe ich mich mit Reimers Missions- und Gemeindebaukonzept beschäftigt.

    Zuersteinmal hat er, wie die liberale Emerging Church auch, ein falsches Verständnis vom Missionsbefehl. Er geht davon aus, dass Jesus uns beauftragt hat, die gesamte Welt zu Christianisieren.

    Das zweite Problem ist, dass sein hermeneutischer Ansatz falsch ist. In senem Buch „die Welt umarmen“ schreibt er auf Seite 196: „Die Heilige Schrift wird somit nicht am Arbeitstisch eines Theologen, sondern im Alltag der Menschen und mit diesen Menschen gelesen. […] Die Bibel soll bewusst aus dem Blickwinkel und auf dem Erfahrungshorizont des jeweiligen Kontextes gelesen werden.

    Das bedeutet die Schriftauslegung ist nicht mehr an objektive Maßstäbe, wie Grammatik des Textes oder Zielgedanken des Briefes gebunden, sondern kann willkürlich nach deinen Empfindungen und Erfahrungen ausgelegt werden.

    Das bedeutet, Reimers Auslegung zum Thema Diakonie und Predigt, bzw. zum Jubeljahr ist seine subjektive persönliche Idee, die er in den Text interpretiert hat. Somit muss ich sagen, dass diese Auslegung nicht bindend sein kann und auch nicht darf.

  • apologet

    Hallo Gerhard,
    könntest Du – der Einfachkeit halber – nicht einmal, anhand eines Evangeliumstextes nachweisen, daß es Aufgabe der Kirche bzw. der Gläubigen ist gegen materielle Armut bzw. politisch/sozialer/ökonomischer Ungerechtigkeit einzutreten?

    Hier meine ich nicht die Armut, die mir im Alltag begegnet oder die Ungerechtigkeit in meinem persönlichen Umfeld, sondern auf der politischen Ebene.

    An welcher Stelle der Schrift, wird die Aufgabe der Kirche (oder im Namen des Christentum sprechender Organisationen wie der Micha-Initiative) formuliert ethische Forderungskataloge aufzustellen oder politische Initiativen zu ergreifen?

    Mir stellt sich ein Evangelium dar, daß von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen spricht, dem stellvertretenden Sühnetod Christi. Ich lese dort, daß der Mensch keine Veränderung oder Verbesserung, sondern eine totale Erneuerung durch das Wort Gottes benötigt und dieses zur eschatologischen Hoffnung des Glaubens zählt. Und dasselbe lese ich von der gesamten endlichen Welt (Röm8).

    Aber genau das ist Deine/Eure Forderung. Ihr wollt ja genau diese Welt verbessern, verändern. Johannes schreibt „christianisieren„. Genau das meint ja irdisch-messianische Zustände errichten zu wollen.
    sdg
    Andreas

  • Gerhard

    So viele Zuschriften kann ich gar nicht beantworten. Könntest Du mir mal die Seite angeben, in dem Johannes von christianisieren spricht?
    Zu den Bibelstellen: Da habe ich schon einige genannt, siehe oben, aber ich nenne einfach noch eine kleine Auswahl an Bibelstellen Luk 4, Amos 5; Jesaja 1:10ff; 10:1-2; 11:4 , die ganzen Stellen zum Jubeljahr, Vorbild der Jerusalemer Gemeinde; Der politische Begriff Ekklesia selbst, der AT Begriff Schalom und die vielen Bibelstellen dazu. Mat 5:6-10;13-16; 6:10, 1Petrus 2:12 Jak 2:1-26; 5:1-6, 1Kor 11:17-23; Gal 2:10…Jer 4:1-2;7:1-7; 22:15-17, Micha 4:1-4; 6:8, Jes 58:6-12; 59:15-16 usw. Aber schlagt doch mal in euren Konkordanzen nach Gerechtigkeit und Armut nach und ihr werdet erstaunt sein, was sich da tut.
    Wie gesagt, zur politische Aufgabe der Kirche hilft auch Wright „The Mission of God“ weiter. Er geht einige wessentliche Stellen exegetisch an. DAs kann ich hier leider nicht leisten. Politisch meint aber nicht unbedingt Parteipolitisch. Politik verstanden als auf das Gemeinwesen oder gesellschaftliche bezogene Handeln. Ohne Christen in gesellschaftlichen Einsatz hätten wir heute vielleicht keine Krankenhäuser, immer noch Sklavenhandel und Rassismus (beispiel Schwarze und Weiße in Amerika), keine Gewerkschaften usw.
    Viel Spass beim Bibelstudium.

    Gruß, Gerhard

  • OllyRau

    Hallo Andreas,

    am 6. September 2010, 09:53 (Quelle A) hast Du geschrieben: „Ohne Zweifel ist ein Glaube ohne Werke tot (Jak2:20ff), allerdings würde mich die exegetische Beweisführung interessieren, die dies auf Armutsbekämpfung in Anwendung bringt.“

    Hieran möchte ich mich nun wagen.

    Allerdings fragst Du auch am 13. September 2010, 08:34 (Quelle B) zusätzlich, ob es die Aufgabe der Kirche bzw. der Gläubigen sei, sich gegen materielle Armut bzw. politisch / sozialer / ökonomischer Ungerechtigkeit einzutreten. Du fragst zudem, an welcher Stelle der Schrift die Aufgabe der Kirche formuliert sei, ethische Forderungskataloge aufzustellen oder politische Initiativen zu ergreifen.

    Dazu müsste es aber auch zwei Alternativlösungen geben, nämlich:
    1.) bezogen auf Glaubensgeschwister
    2.) bezogen auf alle Menschen in der Welt.

    Du argumentierst (Quelle A):

    „Wie bereits zuvor ausdrücklich betont, bestreite ich nicht, das Christen gefordert sind, alle Menschen zu “lieben” wie der Vater “liebt” (Mt:5), wobei es hier um die praktische Seite der Liebe, der Haltung gegenüber jedermann geht und soziales Engagement durchaus miteingeschloßen ist, aber eine Argumentation, dies wäre Teil des Evangeliums, also der Heilsbotschaft, findet sich so nicht in der Schrift wieder.“

    Gegen Deine Argumentation, dass ein soziales Engagement kein Teil des Evangeliums, also der Heilsbotschaft, sei, möchte ich wie folgt meine Bedenken äußern:

    (Alternativ 1 + zu Quelle A):

    Jakobus 2,15.16 bezieht sich eindeutig auf die soziale Verpflichtung der reicheren Brüder gegenüber den ärmeren Brüdern, so dass nicht die schöne Rede einem selber hilft, sondern die eigene Tat aus der eigene Rede, welche nämlich auf den Zweck gerichtet ist, Hilfe zu gewähren. Verweigert nun jemand die Hilfe, indem er nur leere Worte spricht und dazu aber es an der Erfüllung mangeln lässt, so ist dessen Glaube in sich tot, da dies kein Werk im Sinne von Jakobus 2,17 darstellt. Ein Werk enthält demnach im Sinne biblischer Vollständigkeit die Erfüllung bzw. Einhaltung der vorher zugesagten Gabe. Allerdings bedarf es keiner vorherigen Zusage, wenn es nämlich um eine barmherzige Tat gehen sollte. Die biblische Heilsbotschaft kennt aber durchaus die Aufforderung in Mt 9,13: „Geht aber hin und lernt, was das ist: „Ich will Barmherzigkeit und nicht Schlachtopfer.“ Denn ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“ Hieraus ist ableitbar, dass die Schwachen dazu da sind, dass die Starken zu den Schwachen gehen sollen und dabei lernen sollen, wie sie barmherzig sei sollen. Auch bei dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter lässt sich ableiten, dass die Hilfeleistung keine Pflicht ist, sondern eine dankbare Möglichkeit, die Nachfrage nach Hilfe zu bedienen, indem man seine Hilfe anbietet. Exegetisch sollte man durchaus auf die Verteilung der Aoriste ab Lukas 10,33 bedacht sein, denn es stellt sich hier die Frage, wer denn wem gegenüber barmherzig war bzw. ist. Es sind nämlich die Schwachen, die gegenüber den Starken barmherzig sind, indem sie den Starken die Möglichkeit eröffnen, an den ihnen – den Schwachen – zu handeln. Es geht also in erster Linie nicht darum, dass man helfen muss, sondern dass man seine Hilfebereitschaft anbietet ggf. sogar einem Bedürftigen aufdrängt. Dies ist nämlich Teil des Evangeliums und der Heilsbotschaft, denn in Mt 10,42 und Mt 25,40.45 bemerken wir, dass es darum geht, wenn man einem diesen Geringsten keine Hilfe angetan hat, es auch nicht Gott gegenüber getan hat. Mt 25,46 zeigt dies durchaus an, dass die verhinderte oder verweigerte Hilfeleistung zur ewigen Strafe führt. Warum ist dies jetzt ein Teil des Evangeliums? Ganz einfach, damit Du nämlich nicht Dein Herz verhärtest und zugleich dem Armen keinen Hilfe anbietest (vgl. 5. Mose 15,7-9). Und jetzt aufgepasst: Würde der Arme nämlich keine Hilfe von Dir bekommen, so wäre dies eine Sünde für Dich, wenn er nämlich deswegen zu Gott schreien muss. (vgl. 2. Mose 22,22; 5. Mose 15,9; Hiob 34,28; Klagelieder 3,56). Darum wird es auch immer Arme geben, damit man ihnen helfen darf (5. Mose 15,11). Praktisch gesehen ist also nicht der Starke für den Schwachen da, sondern der Schwache für den Starken, damit man ihm die Möglichkeit eröffnet, dass er an ihm Gutes erweisen kann, so dass er helfen darf.

    (Alternativ 2 + zu Quelle B):

    Ähnlich wie (Alternativ 1) und zusätzlich mit Hilfe von Jeremia 29,7.8: Suchet der Stadt Bestes – bzw. „Und sucht den Frieden der Stadt, in die ich euch gefangen weggeführt habe, und betet für sie zum Herrn! Denn in ihrem Frieden werdet ihr Frieden haben. Denn so spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels: Lasst euch von euren Propheten, die in eurer Mitte sind, nicht täuschen! Und hört nicht auf eure Träume, die ihr euch träumen lasst! Denn Lüge weissagen sie euch in meinem Namen; ich habe sie nicht gesandt, spricht der Herr.“

    Die Aufgabe der Welt besteht also darin, dem schwachen Gläubigen zu helfen, damit sie dadurch evangelisiert werden. Die Ablehnung von Sozialleistungen, welche von angeblichen Christen vorangetrieben wird, muss nun deshalb als Irrlehre bezeichnet und so auch bewertet werden, denn wer hilft, der tut nicht etwas Gutes für jemanden anderen, sondern für sich selbst und häuft sich somit auch Lohn für das Gericht Gottes auf, weil nämlich die Person, der man geholfen hat, darüber redet. Und wenn diese Person nun mit Gott im Gebet reden sollte, so ist das die allerbeste Evangelisation und Mission, die man sich nur vorstellen kann. Es wird aber leider allzu oft von vielen Christen verkannt, dass Frieden gleich Reden ist !!!

    Gnade und Frieden
    In Jesus

    Oliver

  • apologet

    Hallo Oliver,

    zu Deinem 1. Punkt:

    Hausgenossen/Glaubensgeschwistern
    Insbesondere durch 1Tim5:8 wird deutlich, das Vernachlässigung und fehlende Unterstützung der Gemeindemitglieder eine große Fehlentwicklung in der kirchlichen Entwicklung bedeutet.

    Nicht erst durch Harz IV sind Menschen in unmittelbarer Nähe in schwere finanzielle Bedrängnis geraten. Wie viele Alleinerziehende, Witwen oder ältere Geschwister haben oft wirkliche Not! Nicht zuletzt in der praktischen Tat, der gegenseitigen Unterstützung erweist sich die Liebe der Jünger Jesu untereinander!

    In diesem Zusammenhang ist es nach meinem Verständnis – insbesondere für Gemeinden, die sich eng an das schriftgemäße Gemeinde-Prinzip orientieren wollen – von Bedeutung, zu überlegen, wie die bedürftigen Gemeindemitglieder in unseren Gemeinden unterstützt werden? Können wir uns hier ausschließlich auf den Staat verlassen oder fordert die Schrift nicht uns selbst auf tätig zu werden?

    Wir wissen aus der Apostelgeschichte, daß die Gläubigen der Urgemeinde alles gemeinsam hatten, und ohne für eine grundsätzliche Aufgabe individuellen Besitzes zu plädieren, meine ich, das in Anlehnung an das Wort Gottes, Wege gefunden werden sollten, diese Forderung umzusetzen bzw. das Vorbild der frühen Gemeinde aufzunehmen. Das Beispiel schließt individuelle Hilfeleistungen keineswegs aus, deligiert jedoch die prinzipielle Verantwortung in die Hände der Gemeindeleitung!

    zu Deinem zweiten Punkt:

    Wie möchtest Du schriftgemäß nochmal bitte einen Auftrag an die Kirche bzw. den einzelnen Gläubigen begründen. Von der allgemeinen Forderung Gottes, gleich wie Er zu lieben, mal abgesehen?

    sdg
    Andreas

  • OllyRau

    Hallo Andreas,

    (1) abgesehen davon, dass Du Recht hast, dass es kaum mildtätige Geschwister in den Gemeinden gibt, die anderen Glaubensgeschwister helfen, ist es dennoch biblisch, dass es überhaupt arme Menschen gibt, denn es ist die barmherzige Liebe der Armen gegenüber den Reichen, dass sie sich anbieten, damit andere Menschen ihnen helfen „dürfen“. Es ist folglich nicht eine Sünde, wenn arme Menschen um Hilfe betteln und diese nicht bekommen, sondern wenn Menschen keine Hilfeleistungen geben, so dass der Arme zu Gott schreien muss. Erst wenn die Armen wirklich schreien müssen (vgl. 2. Mose 22,22), so besteht Sünde für die Personen, die nicht geholfen haben. Es besteht also die Frage, warum man es erst darauf ankommen lässt, dass die Armen zu Gott schreien müssen. Ganz einfach, diese Personen sind keine Christen ! Folglich ist dies ein absolutes Überführungspotential von Sünde.

    (2) Kein Ansehen der Person: Jakobus 2,1 u.a. und: Es wird immer Armut im Sinne der Bibel geben, damit die Sünde überführt werden kann. Der Auftrag der Kirche, wenn es so einen überhaupt von Menschen an Menschen geben sollte, lautet wie folgt: Überführe Deinen Nächsten von Sünde, damit er die Möglichkeit von Gott bekommt, Buße zu tun.

    SDG

    Oliver

  • OllyRau

    Jakobus 5,4: „Siehe, der von euch vorenthaltene Lohn der Arbeiter, die eure Felder beschnitten haben, schreit und das Geschrei der Schnitter ist vor die Ohren des Herrn Zebaoth gekommen.

    Jakobus 5,5: „Ihr habt auf Erden in Üppigkeit gelebt und geschwelgt; ihr habt eure herzen gemästet an einem Schlachttag.“

    Jakobus 5,6: „Ihr habt verurteilt, ihr habt getötet den Gerechten; er widersteht euch nicht.“

    Wenn also der Gerechte getötet wird, so ist dies der Gerichtstag des Sünders !
    Der wahre Christ bietet sich also an, sich töten zu lassen, damit der Mörder nicht in den Himmel kommt – das ist biblisch !!!

    Gnade und Frieden
    in Jesus

    Oliver

  • Anna

    Ich möchte noch einige Zusatzinformationen dazu geben für die, die das Ganze noch intensiver betrachten möchten.
    Herr Reimer und Herr Faix lehren an dieser Einrichtung:
    http://www.gesellschaftstransformation.de/uploads/1210255571-732282.pdf
    „Transformation bewirkt reale Veränderung, die an Mensch und Kultur
    sichtbar wird. Gesellschaftstransformation beschreibt eine „Tat-Theologie“ im kontextuellen
    Verständnis. Dies soll in konkreten Projekten während des Studiums umgesetzt werden.“

    Dort kann man einen Einblick darüber bekommen, was eigentlich beabsichtigt ist und worauf sich diese Erwartungshaltung gründen soll:

    http://www.gesellschaftstransformation.de/uploads/1198495396-398602.pdf
    „Glaube, der durch die Liebe tätig wird.
    Gesellschaftstransformation als Herausforderung für die Zukunft.“
    Dr. Tobias Faix
    „Das Wort Gesellschaftstransformation ist in der deutschen Gemeindelandschaft noch nicht sehr weit verbreitet, obwohl es eines der zentralen Begriffe in einer weltweiten Diskussion ist. So stand der letzte Lausanner Kongress für Weltmission 2004, in dem evangelikale Christen aus über 50 verschiedene Länder teilnahmen, unter dem Thema verschiedener Transformationsprozesse. Transformation beschreibt die konkreten Veränderungen,
    die durch das anbrechende Reich Gottes auf der Erde sichtbar werden“

    Also wenn davon ausgegangenen wird, dass das anbrechende Reich Gottes auf Erden sichtbar wird – dann ist der Vorwurf, man nähme das Reich Gottes irdisch vorweg nicht aus der Luft gegriffen.

    „Es geht also um Stadtteile, Dörfer und ganze Regionen und wie wir
    Christen so gesellschaftsverändernd leben können, dass wir ein Teil des Ganzen werden. Gemeinde & Christsein nicht als Absonderung von der Welt, sondern ein Leben in dieser Welt und zwar in allen Bereichen gesellschaftlicher Entwicklung. …
    Christsein als gelebte Gesellschaftstranformation bedeutet gleichzeitig den
    Glauben und das Evangelium intensiver und konsequent zu leben. Dies geschieht im alltäglichen Leben einer Gemeinde und durch übergreifende Vernetzung von christlichen Organisationen und Verbänden (zum Beispiel der Micha Initiative und speziellen Projekten, wie z.B. dem Projekt Seehaus in Leonberg). Nur so werden wir den kommenden Herausforderungen die uns bereits bedrängend umgeben gerecht.“

    Es geht nicht um Einzelpersonen, es geht um größere Gebiete und letztlich um regelrechte Verpflichtung einzelner Christen und ganzer Netzwerke, Gemeinden … für eine gesellschaftlich relevante Veränderung. Es geht um eine notwendige gesellschaftliche Relevanz. Es geht nicht darum, ob Christen barmherzig sein sollen oder nicht, ob Christen Leid mindern dürfen oder nicht – es geht darum, ob Christen und ganze Gemeinden verpflichtet werden dürfen, gesellschaftlich relevant sein zu müssen …
    Wie man das Ganze mit der Bibel versucht zu rechtfertigen, kann auch in diesen frei zugänglichen Quellen gesehen werden. Dort findet man viel „Bibelarbeit“.

    Zum Abschluss möchte ich auf das gut recherchierte „Kontrastprogramm“ verweisen auf http://www.nuntia.de unter dem Stichwort Transformation, Dominionismus, Rick Warren PEACE Plan …

    Und wenn man sich einmal damit intensiv auseinandergesetzt hat, dann ist die Ansicht: hier wird soziales Engagement und die prinzipielle Einstellung des Christen zur Barmherzigkeit an Anderen missbraucht für ein ganz anderes Ziel.

    Anna

  • "Moruti" Lutz

    mir scheint dies alles eine reichlich theoretische Diskussion zu sein. Wenn du erst einmal selbst erlebt hast, wir Gott dich gebrauchen kann um „Armen“ zu helfen, wenn du seinen Ruf verspuert hast, auch gesellschaftlich (und ggf politisch) aktiv zu werden, ist da kaum Raum fuer Zweifel, dass dies ein integraler Bestandteil deines christlichen Glaubens in dieser Welt ist. Wieso wollen die Leute denn immer wieder das Evangelium zerreissen, in einen Teil der die „Erloesung“ anbetrifft – und den Rest. Was ist denn bitte schoen der Sinn und Zweck von „Errettung“ wenn nicht eben dazu, uns einsetzbar zu machen im Sinne der „missio dei“? (making disciples who make disciples who make disciples – but for what?)
    Wer es nicht glaubt, den kann ich nur ermutigen: kommt doch mal vorbei und seht!

    Revd. Dr Lutz Ackermann
    Polokwane / Sued Afrika

    • apologet

      @“Moruti” Lutz
      Hallo, ich denke erstens, daß eine Diskussion über die Frage dessen, was Evangelium bzw. Auftrag von Kirche ist, grundsätzlich keineswegs „theoretisch“ sein muß bzw. ist. Zweitens, daß Differenzierung zwischen Mission und der Forderung Gottes nach praktischer Liebe gegenüber jedermann nötig ist.

      Weiterhin scheint tatsächlich notwendig, zu klären, worin der Zweck von Erlösung liegt. Doch nicht in der Verbesserung dieser endlichen Welt?! Das ist nicht die biblische Hoffnung.

      Wir können tatsächlich „bloß“ Jünger machen, Gott aber erlöst souverän zum ewigen Leben, zur Sohnschaft. Nennst Du das „for what“?

      @Anna
      Hallo und vielen Dank für die hilfeichen Zusatzinfos! Ich denke die helfen weiter um die Hintergründe dieser Theologie besser einzuordnen.

      Ein guter Aufsatz von Dr. M. Erdmann „Die Gemeinde – menschliches System oder erwähltes Volk?“ behandelt auch dieses Thema und bezeichnet dies als „Sakralismus“.
      sdg
      Andreas

  • Anna

    Ich denke nicht, dass es eine rein theoretische Diskussion ist, obwohl ich schon der Ansicht bin, dass saubere Lehre vor der richtigen Tat kommen muss.
    Wie Gott einen Christen gebrauchen will, wie Gott einen Christen und wozu Gott einen Christen ruft – erfahren wir in Seinem Wort.
    Das Ganze erfahren wir nicht über Gespür, Statistik, Erfahrung …

    Letztlich ist es doch eine Autoritätsfrage: Wer darf einen Christen, Gemeinden … wozu verpflichten?
    Ein Christ, der eine Suppenküche betreibt, wird von der frohen Botschaft zeugen mit Worten, denn in der Suppe wird man es nicht lesen. Von einem Christen aber zu verlangen, dass er eine Suppenküche betreiben sollte, um eine Gesellschaft zu transformieren, ist und bleibt Missbrauch.

    Ich wüsste jetzt auch nicht, wo meine Bibel bezeugt, dass es eine „Erlösung“ im Hier und Jetzt für mehr als die Herde Gottes (Menschen) gibt. Der neue Bund umfasst bestimmte Menschen nicht mehr und nicht weniger.
    Was ist Sinn und Zweck des neuen Bundes? Eine Gesellschaftstransformation??????????

    Es gibt Christen, die sich sozial engagieren – überall, unentgeltlich, für Menschen, mit denen sonst keiner zu tun haben möchte …
    Diesen Christen aber eine Erwartungshaltung einzuimpfen, dass sie damit eine Gesellschaftstransformation betreiben, weil das Reich Gottes auf Erden so sichtbar wird – das
    kann man nur in das Reich der „falschen Prophetie“ verweisen, aber nirgends anders hin.
    „Nach seinem Willen hat er uns gezeugt durch das Wort der Wahrheit, damit wir gleichsam Erstlinge seiner Geschöpfe seien.“ (Jakobus 1, 18)
    Wer Christen einredet, dass gute Taten eine „Zeugung“ herbeiführen oder das Wort Gottes wäre ohne eine gute Tat nutzlos – prophezeit falsch.

    Es ist also ein durchaus praktisches Problem einer falschen Prophezeiung hinterherzulaufen.

    Anna

  • "Moruti" Lutz

    „Was ist Sinn und Zweck des neuen Bundes?“ Dass wir, du und ich Teil des Reiches Gottes werden! Jenes Reich, von dem Jesus sagt, dass es mitten unter uns sei – nicht erst am juengsten Tag. Ich denke, unsere Erloesung ist nicht Selbstzweck, sondern dient eben dazu, das Reich Gottes auszuweiten – naemlich auf meine Person; aber von dort aus weiter!Wenn Gott die Welt (!) so sehr geliebt hat, dass er seinen eigenen Sohn gab usw, dann ist ihm diese Welt offensichtlich nicht egal. Und mir als Christ auch nicht.

    Wer es gerne etwas akademischer ausgedrueckt haben moechte:
    Die „missio dei“ ist es, die vom Vater aus geht; die den Sohn Mensch werden laesst; die uns den Parakleten (den Geist Gottes) bringt; und aus der heraus schliesslich Kirche entsteht. Kaum einer hat das so gut beschrieben wie David Bosch in seinem Buch „Transforming Missions“; ich denke, das man das erst mal kapieren muss, bevor der Gedanke einer „Gesellschaftstransformation“ theologischen Sinn zu machen beginnt…

  • Anna

    Ich denke der Kritikpunkt ist nicht verstanden worden.
    Wer das Konzept einer „Transformation“ ablehnt, ist nicht automatisch ein Individualist und ein Ignorant bzgl. Schöpfung, Nächster und und und …
    Es geht um die Verpflichtung von Christen, Gemeinden, Netzwerken … für gesellschaftliche Veränderung.
    Für eine derartige Verpflichtung muss eine saubere Anweisung dem Wort Gottes entnommen werden.
    Für die Hoffnung ganze Gesellschaften im Hier und Jetzt zum „Guten“ zu transformieren, muss es Belege in der Schrift geben – wie Andreas (apologet) schon andeutete, haben wir Belege für das Gegenteil.

    Ist das im Falle des „Transformationskonzeptes“ so?
    http://nuntia.de/pdf/Dominionismus/Dominionismus.pdf
    „Das traditionelle Christentum lehrt: Das Evangelium des ewigen Heils bezieht sich auf den Glauben an Jesus Christus und dessen vergossenes Blut am Kreuz. Die Betonung liegt einerseits auf der Busse, das bedeutet Sinnesänderung und Abwendung vom Bösen, und andererseits auf der Bekehrung, das bedeutet die Hinwendung des Menschen zu Gott. Das Königreich Gottes ist in dieser Zeit der Gnade ein geistlicher Bereich, der durch die evangelistische Verkündigung des Wortes Gottes vergrößert wird. Christus machte zweifellos deutlich, dass sein Reich „nicht von dieser Welt“ ist (Joh. 18, 36), sondern eine geistliche Herrschaft über die Herzen der Gläubigen ist (Luk. 17, 20-21).“

    http://nuntia.de/pdf/Transformation/Transformation.pdf
    „Eine Synopse der neuen „Transformations“-Lehren mag zur Klärung beitragen:
    1.) Der Begriff „Transformation“ taucht vermehrt in der Beschreibung einer angestrebten „Zweiten Reformation“ (auch „Neue Apostolische Reformation“ genannt) auf. In seinem 1979 veröffentlichten Buch The Emerging Order schlug Jeremy Rifkin als einer der ersten die Initiation einer „Zweiten Protestantischen Reformation“ vor. Die Annahme eines neuen Verständnisses der Schöpfungsgeschichte in Genesis 1 schien ihm dabei unumgänglich zu sein, um das Mandat zur Bewahrung der Schöpfung anstelle des Gebots der Herrschaft über die Erde zu stellen.4 …

    2.) Das persönliche Element wird aus dieser „Transformation“ grösstenteils ausgeklammert. Die Veränderung von ganzen Volksgruppen wird zum eigentlichen Ziel erhoben. Ein Beispiel mag genügen: Das 2003 von Luis Bush in der Zeitschrift Mission Frontiers (United States Center for World Mission) herausgegebene “World Inquiry Compendium V: City-Based Action Plans Unveiled” gibt auf S. 6 folgendes zu bedenken: „Die Definition der Transformation beinhaltet die Vorstellung einer radikalen Änderung im persönlichen Leben. Geschieht dies auf materieller, sozialer und geistlicher Ebene, entdecken wir unsere wahre Identität als im Ebenbilde Gottes erschaffene, menschliche Wesen wieder. Wir werden unserer wahren Berufung als produktive Verwalter gerecht, indem wir uns treu um das Wohl unserer Welt und ihrer Völker sorgen.“
    3.) Der Erfüllung dieser „Transformation“ liegt eine aktive „Missions“-Strategie zugrunde, die, „um allen Anforderungen Genüge zu tun“, politische, soziale und kulturelle Reformen auf globaler Ebene einleitet. Um diese ambitionierten Ziele erreichen zu können, greift man zurück auf eine pragmatische Philosophie. …“

    „10.) Es wird die Behauptung aufgestellt, dass die Notwendigkeit bestehe, sich dieser radikalen und umfassenden „Transformation“ zu unterziehen, um den Missionsbefehl zu erfüllen. Deshalb steht die moderne evangelikale Missionsbewegung in enger Verbindung mit der geforderten Transformation.15
    11.) Es wird weiter behauptet, dass dieser Transformationsprozess erst dann vollständig vollzogen sei, wenn „Gottes Königreich auf Erden“ wie im Himmel aufgerichtet sein wird. Dieses Ziel sei dann erreicht, wenn die Kirche in völliger Vollkommenheit dastehen würde.16
    12.) Den Gläubigen wird eingeschärft, sie seien Mitschöpfer und Miterlöser in der Erneuerung der Erde dank einer Vielfalt „transformierender“ Aktivitäten.“

    Jede dieser Behauptungen in den von mir eingestellten Quellen ist hieb- und stichfest belegbar, weil sich dieses Institut schon mehrere Jahre mit diesem „Phänomen“ beschäftigt.
    Man kann dort ganz leicht Kontakt aufnehmen und seine Anfragen auch persönlich dorthin richten. Ich denke alle dazu relevante Literatur ist dort bekannt.

    Anna

  • "Moruti" Lutz

    danke fuer den Hinweis auf Jeremy Rifkin. Von ihm habe ich bisher noch nichts gelesen, aber das koennte aufschlusreich sein.