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So sie’s nicht singen, gläuben sie’s nicht

Nicht erst in den letzten zehn bis zwanzig Jahren ist es zu großen Veränderung der Musik in den Gemeinden gekommen, bereits früher hat es Umbrüche gegeben. Kirchengesangsbücher geben über die Entwicklungsgeschichte, weg von Chorälen hin zu den Evangeliumslieder Aufschluss und wir kennen die Entwicklung bis zu den modernen charismatischen Lobpreis- und Anbetungsliedern. Die Frage stellt sich, wie tatsächlich schriftgemäßes Lob Gottes und musikalische Anbetung aussehen sollte.

Altkirchliche Hymnen wie das „Gloria“, das „Te deum“ oder das „phos hilaron“  stellen ein überliefertes Zeugnis einer reichen musikalischen kirchlichen Tradition der Anbetung des dreieinigen Gottes dar.

Phos hilaron: Freudenlicht heiliger Herrlichkeit des unsterblichen heiligen, seligen himmlischen Vaters: Jesus Christus. Angelangt am Untergang der Sonne schauen wir das Vesperlicht, singen in Hymnen dem einen Gott, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Würdig bist du, dass wir dich feiern zu allen Zeiten mit heiligen Liedern, Gottes Sohn, Urquell des Lebens, also verherrlicht dich der Kosmos.  

Die Schrift selber fordert uns konkret zur musikalischen Anbetung Gottes auf: 

Kolosser 3,16: »Das Wort des Christus wohne reichlich in euch; in aller Weisheit lehrt und ermahnt euch gegenseitig! Mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern singt Gott in euren Herzen in Gnade!«

Eph5, 17: »Darum werdet nicht unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist. 18 Und sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen. 19 Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen 20 und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.«

Sieht man sich die Bibeltexte an, wird deutlich, daß es grundsätzlich um Belehrung und Ermahnung geht, um das Wort des Christus und ein spezifisches Verständnis des Willens des Herrn.

Wenn Luther in seiner volkstümlichen Ausdrucksweise prägnant zum Ausdruck bringt, das im gesungenen Gotteslob der Glaube erkennbar wird, „So sie’s nicht singen, gläuben sie’s nicht“, heißt das nichts anderes, als das im Liedgut explizit Lehre und Dogmatik transportiert wird. Peter Zimmerling formuliert im Bezug auf charismatische Gottesdienste in seinem Buch „Die charismatischen Bewegungen“ folgendes:

Peter Zimmerling: Damit verändert sich die christologische Ausrichtung des traditioniellen abendländischen Gottesdienstes zugunsten einer pneumatischen, genauer gesagt epikleptischen Orientierung.

In vielen modernen gemeindlichen Liedern wird Jesus zu einem „Kumpel“ degradiert, der alle Probleme löst, der Geist Gottes ein „Mittel“ das stets unmittelbar und direkt ins Leben eingreift und für alle Kleinigkeiten sorgt und in den Mittelpunkt rückt. Lobpreis und Anbetung erscheinen als jederzeit verfügbare, garantiert wirksame Waffen im Kampf mit den Widrigkeiten des Lebens. Ohne jeden Zweifel zieht diese emotionale, körperbetonte Art der Anbetung, verbunden mit „lässiger“ Musik, vor allem junge Menschen an.

John MacArthur: Stattdessen sind die meisten allein dazu geschaffen, die Gefühle aufzuwühlen. Sie werden allzu oft wie ein mystisches Mantra gesungen – mit der bewussten Absicht, den Verstand in die Passivität zu drängen, während der Anbetende so viel Emotion wie irgend möglich aufbringt. Für genau diesen Zweck sind in viele Lobpreislieder willentlich Wiederholungen eingebaut worden.

Es geht mir keineswegs darum, ein Plädoyer für ausschließlich altkirchliches oder mittelalterliches Liedgut zu halten, aber sehr wohl darum, zu überdenken das mit dem Liedgut innerhalb der Gemeinde Lehre transportiert  und das Denken von Gläubigen geprägt wird.

In seinem Artikel „Der musikgeschichtliche Wandel der letzten 150 Jahre“ (hier als PDF) zitiert MacArthur einen gewissen Nathan Busenitz bezüglich konkreter Mindeststandarts:  

Checkliste für Musik in der Gemeinde

  1. Steht Gott in Ihrer Gemeinde im Mittelpunkt der Musik?
  2. Fördert die Musik in Ihrer Gemeinde eine hohe Sicht von Gott?
  3. Ist die Musik in Ihrer Gemeinde anständig und ordentlich?
  4. Ist der Inhalt Ihrer Gemeindemusik bibeltreu?
  5. Fördert Ihre Gemeindemusik Einheit in Ihrer Gemeinde?
  6. Wird die Musik in Ihrer Gemeinde ausgezeichnet aufgeführt?
  7. Bereitet die Musik in Ihrer Gemeinde Ihre Gemeindeglieder aufs Hören des Wortes Gottes vor?
  8. Ziert Ihre Gemeindemusik das Evangelium Jesu Christi?
  9. Fördert Ihre Gemeindemusik leidenschaftliche Anbetung?

Anbetung/Lobpreis stellt laut Paulus grundsätzlich eine Form der Verkündigung des Wortes Gottes dar. Christus steht im Mittelpunkt des Textes, nicht der Mensch und dessen Gefühle. Wenn man sich die Psalmen ansieht, wird die unglaubliche Größe Gottes bestaunt, theologische Wahrheiten verkündigt, Sünden bekannt, Probleme ins Verhältnis zu Gott gesetzt.

Bei dem was heute oft unter Anbetung verstanden wird, vielen modernen Lobpreisliedern steht der Mensch mit seinen Gefühlen, Wünschen, Bedürfnissen im Mittelpunkt. Fragwürdige theologische Texte werden fabriziert und gesungen.

Anbetung Gottes bedeutet jedoch auch Gehorsam, das Töten unserer fleischlichen Begierden. Es gibt wenig was Gott mehr ehrt, als nach Seinem Willen zu fragen. Ebenso bedeutet es, in Leid und Entbehrung, Entsagung von eigenen Wünschen oder Träumen Gott die Treue zu halten, auszuharren.

Dagegen wird heute Anbetung oft mit einer tollen Zeit, guten Gefühlen, dem Erleben von irgendetwas, fetziger Musik etc. pp. verbunden. Wenn man ehrlich ist, gibt es manchmal wenig Unterschied zwischen aufgeheizten Veranstaltungen in Gemeinden oder auf weltlichen Konzerten.

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  • 4 Kommentare

    • Theologiaetmusica

      Hallo Apologet,

      ich finde den Post interessant und kenne den Artikel vom McArthur, der vieles gut darstellt. Es gibt allerdings (das schreibt McArthur auch) auch viele gute CCM-Lieder mit Tiefgang.
      Zudem sollte man die emotionale Kraft der CCM-Musik richtig einschätzen: es wäre platonisch, wenn Musik unseren Körper nicht ansprechen darf bzw. durch die „Körperbetontheit“ angeblich die Anbetung verhindert. Die Bibel vertritt eine ganzheitliche Anthropologie in der der Mensch sich stets körperlich und geistig angesprochen weiß. In dem Sinne liefert CCM-Musik eine übergezogene Korrektur der nachweisbar platonisch geprägten abendländischen Musikkultur. Manche Leute verwechseln bei Musik Emotionen mit Geisteswirkungen und das ist eine Gefahr, der man sich immer bewusst sein sollte. Wiederholungen in Liedern sind dabei ein legitimes und auch biblisches Stilmittel (vgl. den Parallelismus o.ä.).
      Was ich ebenfalls schade finde, das viele altkirchliche Gesänge keinen Raum finden in der freikirchlichen oder evangelikalen Liturgie. Hier besteht Nachholbedarf und es gilt, gutes neu zu entdecken, gleichzeitig aber neue Musik(stile) auch zu fördern.Auch inhaltlich besteht bei vielen Liedern Nachholbedarf.

      Viele Grüße,
      Daniel von http://www.theologiaetmusica.wordpress.com

    • admin

      Hallo Daniel,

      keine Frage, sie existieren, die „guten CCM-Lieder mit Tiefgang“… mein Anliegen besteht ja auch nicht darin dies in Gänze zu bestreiten, sondern eher darin die Fehlentwicklungen und zu kritisieren.

      Und dies primär bezüglich des Inhaltes, sekundär jedoch auch hinsichtlich der Form. Unbestritten ist der Mensch – auch bei der Anbetung – ganzheitlich involviert, jedoch erscheint mir die Entwicklung des „Worship“ eher in Richtung seelisch-körperlich auszuschlagen und dem Geist keinen großen Raum einzuräumen.

      Zudem beschränkt sich in weiten Teilen der evangelikalen Welt die Vorstellung über das Wesen der Anbetung auf das Absingen von Liedern, Tanz, Gehobse, eben einer guten Zeit.

      Gruß und Segen

      Andreas

    • Theologiaetmusica

      Hallo Andreas,

      das „Worship“ sich in Teilen der evangelikalen Welt in so eine Richtung entwickelt hat, sehe ich ähnlich. Das ist schnell überall dort der Fall, wo der biblische Inhalt der Lieder bzw. die Lehre zu kurz kommt. Wo diese Inhalte in den „Worship“ mit eingebracht werden, vermeiden wir die Gefahr einer rein emotionalen christlichen „Party“. Darin besteht für mich auch der entscheidende Unterschied zu säkularen Veranstaltungen. Man muss sich zudem als praktizierender Musiker darüber im klaren sein, dass Musik erhebliche emotionale Wirkungen hat. Ein verantwortlicher „Anbetungsleiter“ wird dafür ein Gespür entwickeln müssen und ich bin froh, dass ich bisher an vielen guten und gesegneten Worshipveranstaltungen teilhaben konnte.

      Herzliche Grüße und Gottes Segen,
      Daniel

      • apologet

        Hallo Daniel,
        so ähnlich sehe ich das auch: Es existiert reale Verantwortung für das was inhaltlich und emotional durch geistliches Liedgut transportiert wird. Diese Verantwortung trägt sicher auch der jeweilige „Anbetungsleiter„, in erster Linie jedoch m.E. die Ältestenschaft der Gemeinde.
        GuS
        Andreas