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Was lehrt Petrus bezüglich Unterordnung unter Obrigkeiten – 1Petrus2:11-17

Zunächst einmal einleitend festgestellt: ich bin, wie bereits geschrieben, äußerst froh, dass- wenn auch langsam- eine Debatte über die staatlichen Corona-Regime bzw. die Gottesdienstverbote entsteht. Insofern schätze ich es sehr, dass sich ein Bruder, hier Uwe Brinkmann, auf seinem Blog brink4u.com dieses Themas öffentlich annimmt.

Für eine fruchtbringende Diskussion und um sich nicht im Gewirr schnell entstehender Missverständnisse der jeweiligen Aussagen zu verfangen, sich gegenseitig Eisegese zu unterstellen (libertär, Geschichtsphilosophie etc.), halte ich es für sinnvoll, immer wieder auf die Schrift selbst zu schauen, darauf was diese sagt.

Wichtig erscheint mir weiterhin, einen einigermaßen übereinstimmenden hermeneutischen Zugang zu finden. Was für mich bedeutet, die Schrift ist nicht in einen überholten und einen aktuellen Teil einzuteilen, sowohl das Alte wie das Neue Testament muss mit dem Anspruch auf Wahrheit, Aktualität und Gehorsam, als Wort Gottes gelesen werden.

Das heißt, weder die beiden primären neutestamentlichen Texte in Römer 13, von Paulus und 1Petrus 2, noch die angeführten Texte des Alten Testaments stehen in einem Widerspruch zueinander. Des Weiteren gibt die Schrift keine Regierungsform vor, sondern lehrt bzw. stellt grundsätzlich gültige Prinzipien auf. Und dies sowohl im Hinblick auf legitime Obrigkeit wie auch die von Gott geforderte Unterordnung unter Obrigkeiten. Die Frage, die an Uwe Brinkmann bzw. Jonathan Leemann gestellt werden muss lautet also, ob es deren biblisch-ethischer Position entspricht, das jede Herrschaft oder Regierung als legitime Obrigkeit bzw. von Gott eingesetzt gilt, auch dann,

  • wenn ein Kriegsherr die Herrschaft über eine Bevölkerung durch Gewalt an sich reißt und ausübt?
  • wenn ein Irrlehrer eine Kirche übernimmt und zur Sünde verführt?
  • wenn ein Mann eine Frau kauft oder raubt, Kinder mit dieser zeugt, rumhurt, die Kinder verwahrlosen lässt?

Sowohl AT wie NT kennt Obrigkeiten respektive Könige, Stadthalter oder Familienoberhäuter etc., die taten was „recht in den Augen Gottes“, oder was „was dem Herrn missfiel“. Schauen wir also was die Schrift sagt oder nicht. Zunächst möchte ich auf 1Petrus2:11-17 eingehen.

„Geliebte, ich ermahne euch als Gäste und Fremdlinge: Enthaltet euch der fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten; und führt einen guten Wandel unter den Heiden, damit sie da, wo sie euch als Übeltäter verleumden, doch aufgrund der guten Werke, die sie gesehen haben, Gott preisen am Tag der Untersuchung. Ordnet euch deshalb aller menschlichen Ordnung unter um des Herrn willen, es sei dem König als dem Oberhaupt oder den Statthaltern als seinen Gesandten zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun. Denn das ist der Wille Gottes, dass ihr durch Gutestun die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringt; als Freie, und nicht als solche, die die Freiheit als Deckmantel für die Bosheit benutzen, sondern als Knechte Gottes. Erweist jedermann Achtung, liebt die Bruderschaft, fürchtet Gott, ehrt den König!“

1Petrus2:11-17

Geschrieben ungefähr im Jahr 64 durch Petrus, wahrscheinlich am Vorabend der Verfolgung durch Nero, ist 1Petrus 2 ein zentraler Text über die Unterordnung unter die drei bzw. vier Obrigkeiten (die reformatorische Theologie nennt hier drei respektive vier Stände/Regimenter, die biblisch als Obrigkeit zu beurteilen sind: Ehe/Familie, Arbeit/Wirtschaft die kirchliche und weltliche Obrigkeit) neben dem Text von Paulus in Römer 13.

In Vers 11 spricht er die Gläubigen zwar als Fremdlinge und Gäste an, fordert aber keinen Rückzug aus der Welt! Hier ist unmittelbar der Aussage Uwes zu widersprechen, „Christen hätten keinen politischen Auftrag“. Richtig ist vielmehr, dass die Kirche keine weltliche Autorität hat, Christen jedoch natürlich frei sind Ämter wie die eines Königs, Statthalters oder eines Ministers, Kanzlers, Beamten oder Polizisten wahrzunehmen.

In Vers 12 ist der aufkommende Druck der Verfolgung unter Nero zu spüren. Petrus spricht von Heiden, welche die Christen als Übeltäter verleumden, Nero unterstellte den Christen, eine Gefahr für den Staat zu sein und Petrus geht hier seelsorgerlich auf diese Situation ein.

In Vers 13 begegnet uns dann zunächst konkret die geforderte Unterordnung unter menschliche Ordnungen und im Anschluss Könige, Statthalter etc. Die Frage nach der Unterordnung unter Obrigkeiten bewegte Christen zu allen Zeiten und Orten und unter allen Staatsformen. In Krisenzeiten- wie der derzeitigen- stellt sich diese Frage natürlich in verschärfter Form. Ich lehne mich insbesondere bei den nächsten Punkten an eine Predigt Pastor W. Nestvogels an, sehe aber dieselben Gedanken bei diversen Reformatoren (Theodor von Beza, Samuel Rutherford etc.).

Der Text zeigt als erstes die Voraussetzung von Unterordnung, als zweites die Tragweite und als drittes die Grenzen der Unterordnung.

Der Text lehrt im Hinblick auf Unterordnung unter durch Gott eingesetzte Obrigkeiten drei Ebenen:

  1. Mit der Voraussetzung in den Versen 11 und 12 ist die persönliche Integrität der Gläubigen gemeint. Diese gilt nach innen und außen. Nach innen gilt es unsere fleischliche Natur, den alten sündhaften Mensch, unsere Neigungen gegen den Willen Gottes in allen Bereichen (Stolz, Neid, etc. pp.) zu bekämpfen. Wider das Fleisch sollen wir mit unserem Geist aktiv widerstreiten (Gal5). Nach außen ist das rechtschaffende Leben unter den Heiden gemeint. Aus der inneren Integrität erwächst die äußere Integrität. Keine Fehlerlosigkeit, sondern Glaubwürdigkeit und Mission/Evangelisation. Das bedeutet, dass Christen nicht nur gute Nachbarn, sondern auch Staatsbürger sind
  2. Die Tragweite der Unterordnung wird in den Versen 13, 14 und 17 thematisiert. Unterordnung (=Hypotassō) bedeutet hier, sich erstens bewusst und mit Verstand zu unterstellen, nicht untertan zu sein. Erst zweitens spricht Petrus an welcher Instanz wir uns unterordnen sollen. Petrus fordert ausdrücklich nicht, dass sich die Gläubigen dem König unterordnen sollen. Gläubige sollen sich vielmehr aller menschlichen Ordnung (pasē anthrōpinos ktisei) unterordnen, konkret sich in die verbindliche Schöpfungsordnung einzuordnen (ktisei). Unterordnung unter menschliche Ordnungen d. h. hier Gesetzen, damit ein funktionierendes Zusammenleben von Menschen untereinander ermöglicht wird, Verantwortlichkeiten vorhanden sind. In diesen Versen fordert Petrus also keine nicht hinterfragbare, blinde, sondern eine reflektierte, urteilende, kritische, mitdenkende und trotzdem demütige Unterordnung. Totalitäre Systeme fordern in der Regel totale, disskussionsfreie Unterordnung. Zu einer solchen haben sich Christen in der Geschichte durchaus verführen lassen. Dies jedoch nicht im Sinne dieses Textes.

Der Text lehrt im Hinblick auf Unterordnung unter durch Gott eingesetzte Obrigkeiten drei Ebenen:

  • Die erste ist das Prinzip. Gott hat bestimmte (Schöpfungs-)Ordnungen eingerichtet. Das Prinzip aller menschlicher Ordnungen (familiäre, weltliche und kirchliche Obrigkeit) ist von Gott.
  • Die zweite Ebene ist die konkrete menschliche Ausgestaltung der Ordnung: die Hausordnung in der Familie, die Verfassung eines Staates oder die Ordnung einer Kirche.
  • Die dritte und unterste Ebene ist die der Ämter oder Mandate (Vater, König oder Statthalter, Ältestenschaft).

Anders ausgedrückt:

  • das Warum (Motiv, Grund): um des Herrn willen!
  • das Worunter: unter alle menschlichen Ordnung, also dem Grundgesetz bzw. der Verfassung unterordnen.
  • das Deshalb: auch die Könige und Statthalter respektieren, die den Auftrag haben, das Gesetz umzusetzen,
  • das Damit (Zweck, Ziel): die Bösen bestraft und die Guten gelobt werden und Gott geehrt wird!

Sich dem Grundgesetz oder der amerikanischen Verfassung unterzuordnen heißt weiterhin die Anerkennung des Grundsatzes, dass das das Volk der Souverän ist und eine Verantwortung und sogar Widerstandspflicht gegen eine unrechtmäßige Ausübung der Obrigkeitsfunktion der Amtsträger existiert. Bonhoeffer sagte 1933 folgendes dazu: „Wer fromm ist, muss auch politisch sein.“ und beschreibt drei Formen, in denen die Kirche ihre Verantwortung gegenüber dem Staat ausüben muss:

  • Sie stelle „erstens die an den Staat gerichtete Frage nach dem legitimen Charakter seines Handelns“. Das heiße „Verantwortlichmachung des Staates“.
  • Zweitens verrichte sie „den Dienst an den Opfern des Staatshandelns. Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde angehören.“
  • Die dritte Aufgabe der Kirche bestehe darin, „nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen.“

3. Damit kommen wir zu der Grenze der Unterordnung, die in den Versen 13, 15a und 16 thematisiert wird und zum Kriterium- inVers 14- wann die Grenze erreicht ist. Was wir bisher gesehen haben ist, dass Petrus die Gläubigen primär auffordert, sich unter das Prinzip bzw. die Ausgestaltung menschlicher Ordnungen, also der Verfassung und die Gesetze unterzuordnen. Dem folgt, dass Menschen Könige, Statthalter oder Kanzler, Minister und Bürgermeister einsetzen und diese Ämter zu respektieren sind. Diese sind dabei Gott und der Verfassung verpflichtet (z. B. Präambel) und mit einer konkreten Aufgabe betraut.

Alles steht und fällt mit der Bedingung, dem Warum, dem Motiv aller Unterordnung: „um des Herrn willen“ (Vers 13). Weil Gott der Herr aller Schöpfung ist, wir ihm Gehorsam schulden, weil er unser Herr ist, den wir lieben, den wir ehren wollen. Alles, was seiner Ehre abträglich ist, was nicht dem „Willen Gottes(Vers 15a) entspricht, werden dieKnechte Gottes (Vers 16) nicht mitmachen. Das ist die Grenze der Unterordnung. Wann ist diese Grenze überschritten? Nicht erst, wie Uwe Brinkmann behauptet, wenn verboten wird im Namen Jesu zu predigen (seine Interpretation von Apg5). Petrus zieht dieselbe Linie, wie Paulus in Römerbrief: „zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun(Vers 14). Der Maßstab von Gut und Böse ist in den 10 Geboten, insbesondere in der zweiten Tafel niedergelegt. Dieser Maßstab findet immer noch, wenn auch immer weniger seinen Niederschlag in den Gesetzen der westlichen Staaten.

Die Grenze ist dann überschritten und unser Gehorsam dann nicht mehr geboten, wenn – wie das Niederländische Bekenntnis sagt – der Staat etwas verlangt, was dem Wort Gottes widerspricht. Genauer formuliert: Ungehorsam ist gegenüber Gesetzen und Verordnungen erlaubt, die uns zwingen, Böses zu tun bzw. ein Gebot Gottes zu übertreten.

Fazit: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Hier sind wir alle einer Meinung. Die Grenze ist jedoch nicht erst erreicht, „wenn die Verkündigung des Evangeliums und der bibl. Lehre untersagt wird“, sondern dann, wenn das Handeln der Regierung dem Willen Gottes bzw. selbst der menschlichen Ordnung, der Verfassung und den Gesetzen widerspricht. Dies lehrt Petrus und dies lehrt auch Paulus im Römerbrief. Auch diesen können wir gerne ein andermal näher beleuchten.

Um nicht noch länger zu werden, gehe ich hier nur kurz auf das ein, was für Uwe Brinkmann bei Jonathan Leemann mehr Sinn macht. Natürlich überlappen sich die Obrigkeiten Familie, Kirche, Staat in einem Punkt: es sind immer dieselben Personen. Damit hat es sich aber. Die Schrift lehrt an vielen Stellen eindeutig, welche Zuständigkeiten die unterschiedlichen Obrigkeiten haben. Das sich der Staat in den letzten 200 Jahren immer dreister in die Zuständigkeiten/ Verantwortlichkeiten von Kirche und Familie respektive Arbeitgeber einmischt und die Gesellschaft und leider auch die Kirche und Gläubigen dies widerstandslos hinnehmen, macht es nicht besser oder richtiger. Der aktuelle Kampf vieler aufrechter Christen gegen die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung, gegen die Ehe für alle, die Sexualisierung der Kinder etc. sprechen Bände.